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Dahn im April 2000


„Russendoktor“ operierte auch manchen deutschen Patienten

Von Otmar Weber



Die Kriegsgefangenen waren in unserer Region meist in Baracken, in Tanzsälen, in Turnhallen und in Schul- und Kinosälen untergebracht.

Rumbach. In Rumbach gab es drei Lager: Lager A am Sportplatz, Lager B im Langetal und das Lager der Gemeinde Rumbach auf dem Gelände der heutigen Klettergilde. Bei Bauern waren außerdem noch 2 bis 3 Zivilarbeiter/Ostarbeiter eingesetzt.
1. Lager A. Das Lager A befand sich im Langental auf dem Gelände des heutigen Sportplatzes. Es war ursprünglich ein RAD-Lager mit elf Baracken, das bis 1942 vom RAD genutzt wurde, danach stand es eine Zeitlang leer. Die oberen Baracken wurden ab 1942/43 mit russischen Kriegsgefangenen belegt und mit Stacheldraht eingezäunt. 1945 dürften sich im Lager 100 bis 150 russische Kriegsgefangene befunden haben, darunter ein russischer Arzt. Die Wachmannschaft bestand aus frontuntauglichen Soldaten.
2. Lager B. Das Lager B befand sich auf der linken Talseite im Langental im Wald. Es war ebenfalls ein ehemaliges RAD-Lager mit etwa zehn Baracken. Hier waren 1940/41 etwa 100 französische Kriegsgefangene im linken Lagerbereich, der mit Stacheldraht umzäunt war, untergebracht. Die Wachmannschaft bestand aus Wehrmachtsangehörigen. Die französischen Gefangenen haben die ehemalige Pionierstraße wieder in Ordnung gebracht. Sie könnten auf dem Söller auch Minenfelder geräumt haben. 1941 wurden die Baracken komplett abgebaut, zum Bundenthaler Bahnhof gebracht und von hier aus mit der Eisenbahn nach Luxemburg transportiert.
3. Das Lager der Gemeinde Rumbach. Das Lager der Gemeinde Rumbach befand sich auf dem Gelände der heutigen Klettergilde. Es bestand aus einer stabilen, ausgemauerten Fachwerkbaracke. Die Baracke stammte aus dem französischen Lager in Ludwigswinkel. Sie ist nach dem Abzug der Franzosen nach Rumbach gebracht worden. Der MGV-Rumbach hat hier Theaterstücke aufgeführt. Von 1942 - 1944 waren in der Baracke etwa 25 bis 30 russische Kriegsgefangene untergebracht. Die Kriegsgefangenen waren ausschließlich für Arbeiten im Gemeindewald eingesetzt. Bewacht wurden sie durch deutsche Soldaten. Das Lager war mit Stacheldraht umzäunt. Reste des Stacheldrahts waren bis in jüngster Zeit vorhanden.

Schindhard. In Schindhard gab es kein Lager. Hier waren nur zwei Zivilarbeiter/Ostarbeiter beschäftigt. Der Ukrainer Michael, der gut Flöte spielen konnte, war beim Bauer Peter Schantz und sein Landsmann mit Namen Johann (Iwan) in der Bäckerei Alois Meigel beschäftigt. Schönau. Das Lager in Schönau befand sich auf dem heutigen Parkplatz des Gasthauses (Landhaus) Mischler in der Ortsmitte. Es bestand aus RAD-Baracken, die mit Maschendraht und Stacheldraht eingezäunt waren. Von 1943 bis 1944 waren hier etwa 100 italienische Kriegsgefangene (Badoglios) untergebracht. Die deutsche Wachmannschaft war im Ort bei Privatleuten einquartiert. Der Damm hinter dem Königsweiher, auf dem heute die Zufahrt zur Bildungsstätte Heilsbach führt, ist von italienischen Kriegsgefangenen gebaut worden.


Pirmasens und Umkreis

PS-Erlenbrunn. Das Lager Erlenbrunn befand sich an der Straße von Erlenbrunn Richtung Kettrichhof auf der rechten Seite unmittelbar bevor der Wald beginnt. Hier waren in Baracken russische Kriegsgefangene untergebracht. Zwei russische Kriegsgefangene sollen bei Schanzarbeiten gegen Kriegsende durch Jabobeschuß in unmittelbarer Nähe des Lagers umgekommen und dort begraben sein.

PS-Gersbach. Das erste Lager in Gersbach war auf dem Matzenberg 7. Hier befanden sich ca. 15 bis 20 französische Gefangene aus Bordeaux, der Bretagne und dem Raum Paris. Zwei Männer, die nicht in den Krieg mussten, haben die Gefangenen bewacht. Von einem Bauer ist bekannt, dass er die Gefangenen nicht am Familientisch essen ließ. Eine Familie aus Pirmasens unterhielt mit einem ehemaligen Gefangenen aus Paris bis in die jüngste Zeit freundschaftliche Beziehungen.
PS-Gersbach. Das zweite Lager in Gersbach war am Rimschberg an der Wehrmachtsstraße (fast Windsberger Gewanne). Diese Gefangenen konnten nach Bedarf ausgeliehen werden. Die Wachmannschaft bestand auch hier aus nicht mehr kriegsverwendungsfähigen Männern. PS-Gersbach. Das dritte Lager in Gersbach befand sich im Tanzsaal Seebald heute Windsberger Straße. Hier waren ab Spätsommer 1944 Italiener (Badoglios) zu Schanzarbeiten untergebracht. Zivilarbeiter/Ostarbeiter, meist Ukrainerinnen und Ukrainer, haben gegen Kost und Logie bei Bauern gearbeitet.
PS-Gersbach. Die Zivilarbeiter/Ostarbeiter, die per Viehwaggon nach Deutschland gebracht wurden, konnten in Kaiserslautern und im Durchgangslager (Dulag) PS-Nord/Biebermühle abgeholt werden. Sie wurden zu allen in der Landwirtschaft anfallenden Arbeiten eingesetzt. Manche hatten Familienanschluss. Der Bedarf an Arbeitskräften ist durch den Ortsgruppenleiter bzw. Ortsbauernführer vor Ort ermittelt worden. Eine Zeitzeugin aus Gersbach, die per Fahrrad zur Biebermühle geschickt wurde, um von einem neu eingetroffenen Transport brauchbare Arbeiterinnen auszusuchen, berichtet: Das äußere Erscheinungsbild der angekommenen Frauen ließ die Vermutung zu, dass sie Hals über Kopf und ohne Vorbereitung nach Deutschland verfrachtet wurden. Manche Frauen waren noch im Schlafgewand. Eine Frau war schon über 60 Jahre. Diese Frauen haben sich kaum freiwillig gemeldet. PS-Windsberg/Dusenbrücken. Das Lager bei Windsberg/Dusenbrücken befand sich auf dem Gelände des heutigen Restaurants am Weiher unterhalb der Autobahnbrücke. Hier waren russische Kriegsgefangene untergebracht. Am Waldrand, gegen den Hang zu, sollen verstorbene russische Kriegsgefangene beerdigt sein. Rodalben. Das Lager in Rodalben befand sich oberhalb des Krankenhauses in einem ehemaligen RAD-Lager. Hier waren etwa 30 russische Kriegsgefangene untergebracht.

Waldfischbach. In Waldfischbach befand sich auf dem freien Platz gegenüber der kath. Kirche - auf der Schäferei (Schulstraße) - das Krankenrevier des Durchgangslagers (Dulag) für ausländische Arbeitskräfte Pirmasens-Nord. Betreiber des Dulag war das Arbeitsamt Pirmasens. Das Krankenrevier wurde auch russisches Lazarett oder einfach Russenkrankenhaus genannt. Das Lager wurde 1939/40 von der Organisation TODT erstellt und ab 1942 als Russenkrankenhaus geführt. Das Krankenrevier war für den ganzen Gau Westmark (gesamten saarpfälzischen Raum) vorgesehen. Es bestand aus 7 - 8 Baracken. In ihm wurden schwerkranke Zivilarbeiter/Ostarbeiter aufgenommen, die operativ behandelt werden mussten. Dorthin wurden auch die Schwerkranken aus dem Dulag und Eisenbahnlager Biebermühle gebracht. Der dort tätige russische Arzt war bei der Bevölkerung sehr beliebt und ist bei älteren Menschen heute noch als Russendoktor guter Erinnerung. Er galt als ein äußerst geschickter Chirurg, der auch manchen Deutschen operiert hat. In Waldfischbach leben noch Zeitzeugen, die von ihm behandelt wurden. Da Medikamente fehlten, hat der Russendoktor Kräuter gesammelt, um seine Patienten behandeln zu können.
Im Sommer 1945 ist er umgekommen. Er soll auf dem Rosenberg von russischen Soldaten erschossen worden sein.
Die Toten aus dem Russenkrankenhaus wurden auf dem Ostarbeiterfriedhof - auch Russenfriedhof genannt -, der oberhalb des Dulag auf der Gemarkung der Gemeinde Donsieders angelegt war, begraben.

Weißenburg. Das Lager in Weißenburg befand sich an der alten Straßburger Straße in Richtung Riedselz, heute Rue de la Pépinière links der Straße, in der Kaserne. Hier waren ca. 200 - 500 Polen untergebracht. Sie arbeiteten im Wald, in der Landwirtschaft, in Gewerbebetrieben und in den Weinbergen bei Rott.


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