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Dahn im Juni 2000


„Die Exekution ist um 11.30 Uhr am Tatort durchgeführt worden –
Wasyl Pawlyk wegen Rassenschande im Bundenthaler Wald erhängt



Bundenthal/Exekution. In Bundenthal gab es kein Gefangenenlager. Aber in Bundenthal und Umgebung waren ukrainische und polnische Zivilarbeiter in der Landwirtschaft eingesetzt.
Wasyl Pawlyk, ukrainischer Fremdarbeiter in einem Betrieb in Bundenthal, ist am 31. März 1943, 11.30 Uhr, wegen Rassenschande im Bundenthaler Wald gehängt worden.
Etwa 1 km hinter dem Ortsende Bundenthal in Richtung Niederschlettenbach auf der L 478, etwa 100 m hinter dem Feldkreuz (im Volksmund Fünfwundenkreuz genannt), liegt auf der linken Seite, etwa 200 m oberhalb der L 478, am Waldrand die Hinrichtungsstätte von Wasyl Pawlyk. Man erreicht diese über den Rechtenbacher Weg, der von der L 478 im rechten Winkel fast bis zur Hinrichtungsstätte führt; von der L 478 bis zur Hinrichtungsstätte sind es etwa 300 m.
Im folgenden soll der Fall Wasyl Pawlyk an Hand von Fernschreiben der Gestapostellen Neustadt/Saarbrücken dargestellt werden. Die Rechtschreibung in den Fernschreiben wird beibehalten.

Fernschreiben Nr. 4435, 24. März 1943, 16.55 Uhr (Geheim) von der Gestapo Neustadt/W. an die Gestapo Saarbrücken:
+An den Leiter der STAPO Saarbrücken - Geheim - Betr: Exekution des Zivilarbeiters ukr. Volkstums aus dem GG. - WASYL PAWLYK, geb. am 4.4.14 in Pidlysia. - Bzg: Bericht v. 2.3.43. - 189/43 - II E (N.) - Der ukrain. Zivilarbeiter WASYL PAWLYK ist zu erhaengen. Die Ex. hat unverzueglich unter Ausschluss der Oeffentlichkeit zu erfolgen u. ist durch Polen vorzunehmen. Sie ist an einem geeigneten Platz in der Naehe des Tatortes vorzunehmen, falls in der betr. Gegend laengere Zeit keine Exekution erfolgt ist oder die Zahl der Geschlechtsverkehrsfaelle stark zugenommen hat. Da es sich um einen Ukrainer handelt, sind die in der Umgebung eingesetzten polnischen Zivilarbeiter nicht an dem Galgen vorbeizufuehren. - Sollte eine Ex. am Tatort nicht fuer erforderlich gehalten werden, so ist die Erhaengung im naechsten KL oder in der Naehe des naechsten Arbeitserziehungslager vorzunehmen. - Im Uebrigen ist nach den Bestimmungen des Rderl. v. 14.1.43. IV D 2 Kl. C. - 450/42 Kl. G - 81 - zu verfahren. Vollzugsmeldung ist durch FS. zu erstatten, in dem ggf. gleichzeit. ueber die Aufnahme der Ex. - durch die Bevoelkerung zu berichten ist.
- Der Chef d. SIPO u. d. SD - IV D 2 Kl. C. 7189/43 - I. A. gez. Dr. Deumling, SS. - Stubaf. +

Fernschreiben Nr. 4443, 29. März 1943, 13.15 Uhr (Eilt!) von der Gestapo Neustadt/W. an die Gestapo Saarbrücken:
Neustadt/W. Nr. 1128, 29.3.43, 1300 = SCHW. == An die Stapostelle Saarbrücken. – Dringend, sofort vorlegen.—Betrifft: Exekution des Zivilarbeiters ukr. Volkstums aus dem GG. WASYL PAWLYK, geb. am 4.4.14 in Pidlysia.—Bezug: Dort FS. com 27.3.43 Nr. 4386. – Im Bereich des Landkreises Pirmasens ist bis jetzt eine Exekution nicht durchgeführt worden. In dieser Gegend sind schon mehrere Geschlechtsverkehrsfaelle zwischen poln. Zivilarbeitern und deutschen Frauen vorgekommen. Da in der Naehe des Tatortes - Bundenthal - Krs. Pirmasens - sehr viele Arbeiter aus dem Osten eingesetzt sind, wird die Exekution am Tatort fuer erforderlich gehalten. – Von hier aus wird als Zeitpunkt der Exekution, der Mittwoch, 31.3.43 11.30 Uhr, vorgeschlagen. – Ich bitte heute noch um FS.- Mitteilung, ob dem vorgeschlagenen Zeitpunkt zugestimmt wird, damit die erforderlichen Vorbereitungen getroffen werden können. Anmarschweg werde ich sofort nach Festlegung des Zeitpunktes der Exekution mitteilen.
– Stapostelle Neustadt/W. B. Nr. 189/43 - Roem 2 E – Gez: Lickleder, KK.+

Fernschreiben Nr. 4497, 30. März 1943, 17.40 Uhr (Geheim) von der Gestapo Neustadt/W. an die Gestapo Saarbrücken:
Neustadt/W. Nr. 1149, 30.3.43, 1725 = SCHW.== An die Staatspolizeistelle Saarbrücken.—GEHEIM. = Betrifft: Exekution des Zivilarbeiters ukr. Volkstums WASYL PAWLYK, geb. am 4.4.14 in Pidlysia. – Bezug: Dort FS. v. 27.3.43 und 30.3.43. — Die Exekution des Zivilarbeiters ukr. Volkstums WASYL PAWLYK, geb. am 4.4.14 in Pidlysia, Krs. Zloczow, findet im Gemeindewald Bundenthal, 1 Km suedlich von Bundenthal, Krs. Pirmasens statt. Sie wird von den poln. Festhaltehaeftlingen
1.) JAN WALENDZIK, geb. 1.10.1916 und
2.) JOSEF WOLSKI, geb. 23.5.1919, vollzogen.
Die erforderlichen Vorarbeiten sind getroffen. Zur Durchfuehrung der Absperrmassnahmen stehen Gendamerie-Beamte zur Verfuegung. — Die Uebernahme der Leiche durch die Anatomie Heidelberg ist zugesagt. Die Leiche wird der Anatomie von hier aus zugeführt. — Der Landrat und der zustaendige Kreisleiter der NSDAP. wurden entsprechend verstaendigt. Als Amtsarzt wird der stellv. Amtsarzt in Pirmasens beigezogen. — Anmarsch zur Richtstaette ueber Homburg, Zweibrücken, Pirmasens, Kaltenbach, Hinterweidenthal, Dahn, Bundenthal. Treffpunkt am Ortseingang von Hinterweidenthal bei der Strassenabzweigung nach Dahn am 31.3.43. 10.45 Uhr. – Falls um 11.30 Uhr niemand von Saarbruecken am Exekutionsort eingetroffen sein sollte, werde ich die Exekution durchfuehren. - Stapo Adst. Neustadt/W. B. Nr. 189/43. - Roem 2 E – Gez/ Lickleder, KK.+
Im Abschlußbericht der Gestapo Saarbrücken vom 4. April 1943 heißt es:
Leiter II Saarbrücken, den 5. April 1943 (Geheim!)
1.) Die Exekution des WASYL PAWLYK ist am 31.3.43, um 11.30 Uhr, am Tatort durchgeführt worden. Der Exekution wohnten bei: SS-Obersturmbannführer und Kriminalkommissar Lickleder, stellv. Bezirksarzt Dr. Bick aus Dahn als Amtsarzt. Die Exekution erfolgte durch die polnischen Festhaltehäftlinge
Jan Walendzik und
b) Josef Wolski.
Besondere Vorkommnisse waren nicht zu verzeichnen.
2.) Dem RSHA ist unter dem 5.4.43 - B. Nr. 189/43 II E (9) - mit Fernschreiben Bericht über die Durchführung der Exekution erstattet worden. Der Originalvorgang ist am 5.4.43 an die Außenstelle Neustadt a.d. Weinstraße zurückgegeben worden. 3.) Zu den Akten bei L II.
Der Zeitzeuge L. H. berichtet über die Exekution: Zwei Bäume am Waldrand, in deren Astgabelung ein Querholz gelegt wurde, dienten als Galgen. Die zwei Akazienbäume, die heute dort stehen, sind ähnlich den Galgenbäumen von 1943. Der Ukrainer wurde auf einem LKW angefahren. Auf der Pritsche des LKW stehend, mußten ihm 2 Kameraden die Schlinge um den Hals legen. Der LKW fuhr weg, und der Mann war erhängt.
Menschen aus umliegenden Orten wie Bundenthal und Bruchweiler, waren bei der Exekution anwesend. Nach der Zeitzeugin J.F. fand aus Dahn eine Art Völkerwanderung per Rad und per pedes zur Richtstätte statt.

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