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Dahn im Oktober 2019


Nach 81 Jahren kann jüdisches Gesetz erfüllt werden –
Grabstein für Julius Katz auf dem jüdischen Friedhof Busenberg

Von Otmar Weber



Einundachtzig Jahre nach seinem Tod bekam Julius Katz auf dem jüdischen Friedhof in Busenberg einen Grabstein gesetzt. Julius Katz wurde am 17.06.1869 in Dahn geboren und ist am 13.07.1938 gestorben. Er ist auf dem jüdischen Friedhof Busenberg beerdigt und bekam, entgegen jüdischer Tradition Halacha), keinen Stein gesetzt.
Julius Katz betrieb zusammen mit seinem Bruder Josef in der Marktstraße 16 in Dahn ein gutgehendes Haushalts- und Eisenwarengeschäft. Die beiden Brüder waren wegen der Qualität ihrer Ware als seriöse Geschäftsleute im ganzen Dahner Tal bekannt. Noch heute sind gut erhaltene Küchenherde in Rumbach, Hofstätten und bis 2006 auch in Vorderweidenthal mit dem Emblem „Julius & Josef Katz Dahn“ in Gebrauch. (Foto) Julius Katz war Mitglied in örtlichen Vereinen und viele Jahre im Dahner Gemeinderat als Adjunkt tätig, was heute dem 1. Beigeordneten entspricht. Seine vorrangige Aufgabe sah er im unermüdlichen Einsatz für die jüdische Gemeinde Dahn. Bis zu seinem Tod war er deren Leiter, Synagogenvorsteher und Kantor. In einem Nachruf heißt es, dass die ganze Gemeinde um diesen in seiner Treu zu Gott und Judentum vorbildlichen Mannes aufrichtig trauert.
Nach seinem Tode hat sein Bruder Josef Katz 1938, wenige Wochen vor der „Reichskristallnacht“, das Synagogengebäude und die jüdische Schule an Herrn Flory aus Busenberg verkauft. Julius Katz war in 1. Ehe mit Alice Katz, geb. Samson aus Edesheim verheiratet, die am 12.09.1912 gestorben und auf dem jüdischen Friedhof Busenberg beerdigt ist. Ihr noch sehr gut erhaltener Grabstein befindet sich in der 8. Grabreihe, Stein Nr. 1. Julius und Alice Katz hatten eine Tochter Paula. Alices Bruder, Eugen Samson aus Edesheim, bat am 13. Juni 1939 den Bürgermeister in Busenberg per Postkarte, den jüdischen Friedhof am nächsten Sonntag besuchen zu dürfen, um am Grab seiner Schwester das Kaddisch zu sprechen, was dieser ihm verweigert hat. Beim Heimattreffen im Juli 1991 hat Alice Romer, Tochter von Paula Katz, am Grab ihrer Großmutter zusammen mit Rabbiner Dr. Meir Ydit das Kaddisch gesprochen.
In 2. Ehe war Julius Katz mit Marianne Katz, geb. Simon aus Trier verheiratet. (Foto) Ein Jahr nach dem Tod ihres Mannes wollte Frau Katz ihm einen Grabstein setzen – wie es das jüdische Gesetz vorschreibt. Verunsichert durch täglich neue NS-Schikanen und der Schändung des jüdischen Friedhofs im Sommer 1938 fragte sie bei Bezirksrabbiner Dr. Nellhaus an, wie sie es in dieser Zeit der Gewalt und Zerstörung mit dem Grabstein für ihren verstorbenen Mann halten solle.
In seiner Antwort vom 18.04.1939 an Frau Katz schreibt Bezirksrabbiner Dr. Nellhaus, dass man nicht wisse, welches Schicksal dem geschändeten Friedhof noch bevorstehe, zumal die Zeit schon da oder nicht mehr fern ist, wo sich niemand mehr um die Verwaltung und Pflege des Friedhofs kümmert. Unter diesen Umständen und vor seinem religiösen Gewissen glaube er, ihr nicht raten zu können, einen Stein am Grab des teuren Gatten setzen zu lassen. Ihm sei bewusst, dass mit der Steinsetzung eine heilige Pflicht der Pietät zu erfüllen ist. Dennoch stehe er auf dem Standpunkt, den er auch bei Grabreden immer vertrete, durch liebevolle Pflege des Geistes der Verstorbenen, durch treue Nachfolge in ihren Wegen ihnen ein Denkmal setzen, das würdiger sei als ein solches von Stein oder von Erz.

Die beiden Söhne von Julius und Marianne Katz, Erich Theodor und Rudolf (Rudy), sind 1936 in die USA emigriert. Vom furchtbaren Schicksal ihrer Familie geprägt, haben die beiden Söhne keine Verbindung mit der ehemaligen Heimat gepflegt. Erst Rudolfs (Rudy) Tochter, Jannette Katz-Gomori, hat sich im Juli dieses Jahres auf Spurensuche in die Heimat ihres Großvaters begeben. Beim Besuch des jüdischen Friedhofs in Busenberg hat sie spontan einen Grabstein für ihren Großvater, Julius Katz, in Auftrag gegeben.

Dieser Stein wird am 24. Oktober 2019 um 10.00 im Rahmen einer kleinen Gedenkfeier auf dem jüdischen Friedhof Busenberg gesetzt. Jeder Interessierte ist herzlich eingeladen. Beim Besuch eines jüdischen Friedhofs ist für Männer Kopfbedeckung Vorschrift.


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